Ikarus

1965-1992

„Ich will mich nicht verstecken” Ikarus war 21, als er sein positives Testergebnis bekam. Er hatte sich 1985 infiziert. Da war er zwanzig und gerade nach Berlin gekommen. Auf die Frage,
warum, antwortete er in einem Interview: „Vielleicht kam mir das gerade recht. Ich wusste nicht, was ich mit dem Leben anfangen sollte.“

Für eine Ausstellung der Berliner Aids-Hilfe bat er 1989 Ines de Nil, ihn zu fotografieren: sein Gesicht und seinen Körper. In einer Zeit, in der Aids hierzulande noch stark tabuisiert wurde, ging er als einer der ersten Schwulen offensiv mit seiner Krankheit um. Er wusste um den hohen Stellenwert der sexuellen Attraktivität für schwule Männer und auch, dass bei ihm nicht mehr viel davon übrig geblieben war. Dennoch weigerte er sich, seine Kaposiflecken zu überschminken, und druckte die aktuellen Zahlen seiner Helferzellen auf seine T-Shirts. Als er nach einer Chemotherapie keine Hoffnung auf Besserung mehr hatte, wünschte er sich noch einmal ein Foto von Ines de Nil, ein Aktfoto seines todkranken Körpers. Ikarus starb am 12. Januar 1992.

Bei einer Ausstellung in Paris 1995 zum Thema Aids, veranstaltet vom Fond national d´art contemporain (FNAC), wurde zwar das Portrait von Ikarus gezeigt, aber nicht das Aktfoto: Es sei entwürdigend, war die Begründung. Ikarus nahm wie selbstverständlich Rechte für sich in Anspruch, wie sie schon 1983 in den „Denver Prinzipien” für Menschen mit Aids (PWA) deklariert
worden waren und die auf Selbstbestimmung und Partizipation gründen. Er trat mutig für ein eigenverantwortliches, selbstbestimmtes Leben als schwuler Mann mit Aids ein und konnte damit anderen gleichfalls Betroffenen Vorbild ein. Aus diesem Grund druckte die DAH 1992 ein Porträt von Ikarus als Plakat.

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