Werner Hermann

1942–1997

Werner Hermann (1942–1997) wurde im mecklenburgischen Badeort Graal-Müritz geboren und wuchs in Rostock auf. 1961 machte er sein Abitur und lernte einen Mann kennen, der ein Jahr später in den Westen flüchtete und sich dort zu einem der großen Bosse in der Fluchthilfe entwickelte. Gegen das Versprechen, durch einen vom Westen gegrabenen Tunnel fliehen zu können, verpflichtete sich Werner zu Diensten für die Organisation – und wurde zusammen mit über fünfzig weiteren Fluchtwilligen von der Stasi abgegriffen. Kurz vor Ende seiner Haftzeit vom Westen freigekauft, nahm er in Westberlin ein Soziologiestudium auf und bekam bald Kontakt zur „Bohème“ und zu Drogen. Irgendwann begann er mit dem Spritzen von Heroin, das bald stärker wurde als er – ein Leben ohne die Droge fand nur noch bei Haftaufenthalten statt. Wichtige Freundschaften zerbrachen, seine Frau, die ihm aus der DDR gefolgt war, trennte sich von ihm und bekam das alleinige Sorgerecht für ihre gemeinsame Tochter zugesprochen. Freunde aus seiner Junkie-Zeit berichteten später allerdings bewundernd, dass sein Zustand nie desolat und verwahrlost gewesen sei, dass er eine Wohnung hatte, dass seine Kleidung heil und sauber war und dass er immer genügend Drogen hatte – rund zwanzig Jahre hielt er sich über Wasser. Anfang der achtziger Jahre infizierte er sich mit HIV, wahrscheinlich in Haft, weil er hier auf den gemeinsamen Gebrauch von Spritzen angewiesen war. Irgendwann ging es auch für Hermann bergab: Weil alle Venen vernarbt waren, musste er sich den Stoff in die Muskeln spritzen, und 1989 schließlich gab es keinen Muskel mehr, der nicht entzündet war, sodass Hermann eine Substitutionsbehandlung begann. Das gab ihm die Möglichkeit, in der DAH-Bundesgeschäftsstelle als erster Bundeskoordinator das JES-Netzwerk aufzubauen und mit intellektueller Schärfe für die Rechte Drogen gebrauchender Menschen zu kämpfen. Er plädierte für einen geschützten Rahmen für Drogenerfahrungen und für Weisheit und Überlegung im Umgang mit Drogen. 1996 erhielt Werner Hermann, schon von seiner Krankheit gezeichnet, auf der Aidsstation des Berliner Auguste-Viktoria-Krankenhauses den von ihm initiierten Celia-Bernecker-Preis. Er starb im Februar 1997.

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